D.H. Lawrence 1885-1930
Biographisches
David Herbert Lawrence wurde 1885 in Eastwood bei Nottingham geboren. Sein
Vater war Bergarbeiter, seine Mutter Lehrerin. Sie ermöglichte ihm die Schul-
und Hochschulausbildung. Lawrence arbeitete während seines Studiums zeitweilig
als Fabrikarbeiter. Er unterrichtete drei Jahre an einer Londoner Schule, als er
1911 an Tuberkulose erkrankte. Er starb 1930 in Vence.
Dazwischen liegt ein abenteuerliches Leben. Es trieb ihn rund um die Erde.
England verließ er zum ersten Male 1912, mit der Frau eines
Universitätsprofessors, der Deutschen Frieda von Richthofen, die er 1914
heiratete. Während des Kriegs wieder in England, geriet er wegen seiner
deutschen Frau unbegründet unter Spionageverdacht. 1919 verließ er England
endgültig. Die weiteren Stationen waren Italien, Sizilien, Australien, Mexiko,
wieder Italien und Südfrankreich.
Die bekanntesten Romane von D. H. Lawrence:
Der weiße Pfau |
1911 |
Söhne und Liebhaber |
1913 |
Liebende Frauen |
1920 |
Die gefiederte Schlange |
1926 |
Lady Chatterley und ihr Liebhaber |
1928 |
Biographische Parallelen zum Stück
„ . . . seine Liebe zur Mutter (war) nicht die zärtliche und dankbare Liebe
eines Sohnes, sondern die Leidenschaft eines Geliebten." (R. A. Aldington) Die
Mutter — unduldsam, bigott, abstinenzlerisch, Gedichte schreibend, gebildet
tuend — forderte die ausschließliche Zuwendung ihres Sohnes. Sie versuchte,
erste Liebesbeziehungen zu unterbinden.
Der Vater, Bergmann in Eastwood, erfand Geschichten für seine Kinder und lief
am liebsten stundenlang durch die Felder Nottinghams. Doch schlug er die Mutter,
wenn sie „in langen Nächten ihren Zorn nährte, um ihn warm zu halten", bis er
betrunken nach Hause kam, das Geld manchmal durchgebracht. „Dann kochte ihr Zorn
über wie ein Sturzbach von bitteren Wahrheiten", die ihn rasend machten. (Zitat
aus „Söhne und Liebhaber")
Die Stücke von D. H. Lawrence:
„A Collier's Friday Night" |
1907-8 |
„The Daughter in Law"
(Die Schwiegertochter) |
1912 |
„The Fight for Barbara" |
1912 |
„The Married Man" |
1912 |
„The Merry-go-round" |
1912 |
„The Widowing of Mrs Holroyd" |
1914 |
„Touch and Go" |
1920 |
„David" |
1926 |
Zeugnisse
Auf einem magern Hals erhob sich ein schmaler Kopf, an dem die hübsch
abgerundeten, gleichsam gesitteten Faunsohren auffielen.
Das ovale, von der Krankheit ausgemergelte Gesicht mit der geraden
fleischigen Nase und der nicht hohen, aber sehr schönen Stirn (seitlich fiel
eine Haarsträhne hinein und gab ihr einen artigen Akzent) war von rötlichem
Haarwuchs umrahmt, der vom Kopf an den Ohren vorbeilief und in einem kleinen
Spitzbart endete. Zwischen Spitzbart und dem mit ihm zusammengewachsenen
Schnurrbart schaute ein Mund hervor: klein, schmal und wie gesalbt mit einer
merkwürdig sinnlichen Klugheit. Rene Schickele
Das Zusammensein mit Lawrence war immer abenteuerlich - wie eine
Entdeckungsreise in Neuland. Denn er selbst, Bürger einer anderen Weltordnung,
bewohnte ein anderes Universum als die Allgemeinheit - eine freundlichere,
intensivere Welt. Ihm erschien das Dasein wie ein ein ziger langer
Gesundungsprozeß; als sei er an jedem Tag seines Lebens nach einer tödlichen
Krankheit neu geboren. Aldous Huxley
Rückblickend denke ich, daß [seine Ideen] überhaupt keinen Wert haben. Sie
waren die Ideen eines sensitiven scheinbaren Despoten, der mit der Welt im Zorn
lag, weil sie ihm nicht sofort untertan war. Seine übertriebene Betonung alles
Geschlechtlichen ist der Tatsache zuzuschreiben, daß er durch die
Geschlechtsbeziehung allein gezwungen wurde, anzuerkennen, daß er nicht das
einzige menschliche Wesen auf der Welt sei. Aber dieses Zugeständnis war so
schmerzlich, daß er sich die Beziehung der Geschlechter als einen ständigen
Kampf vorstellte, in dem jeder versuchte, den anderen zu zerstören. Bertrand
Russell
Merkwürdig, wie barbarisch einen die Liebe macht. Man befindet sich im
Hinterland der Seele. D. H. Lawrence
Es fällt der Kritik auch heute noch schwer, ohne Zorn und Eifer über D. Il.
Lawrence zu schreiben. Kein Autor der letzten fünfzig Jahre hat mehr Haß auf
sich gezogen als er. Günter Blöcker
Einer der berühmtesten, meistgelesenen englischen Dichter, D. H. Lawrence,
wird 1960 vom englischen Staat der Pornographie bezichtigt. Der Mann ist dreißig
Jahre tot. Er wird von Kennern der englischen Literatur als einer der sechs
größten Schriftsteller des Landes, ja Europas gepriesen. Ludwig Marcuse
Was für den einen Pornographie, ist für den anderen das Lachen des Genies.
D. H. Lawrence
|